BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht anArgentinien muss Altschulden begleichen
Die Republik muss deutschen Privatanlegern geschuldetes Geld zurückzahlen, die trotz der Schuldenkrise auf ihr Geld beharren. Es gebe im Völkerrecht keine Regel, die eine Zahlungsverweigerung wegen finanzieller Not rechtfertige, so das BVerfG.
Mit am Donnerstag veröffentlichtem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht(BVerfG) zwei Verfassungsbeschwerden Argentiniens nicht zur Entscheidung angenommen. In dem Beschluss verweisen die Karlsruher Richter darauf, dass es im allgemeinen Völkerrecht kein Leistungsverweigerungsrecht gebe, mit dem die Zahlung von Schulden aus Gründen wirtschaftlicher Notstände verweigert werden könnte (Beschl. v. 03.07.2019, Az. 2 BvR 824/15 u.a.). Argentinien muss daher deutschen Privatgläubigern ihr Geld zurückzahlen
Das Land hatte um die Jahrtausendwende herum aufgrund einer Staatspleite aufgehört, Anlegern von Staatsanleihen des südamerikanischen Landes Geld auszubezahlen, welches ihnen aufgrund der Anleihebedingungen eigentlich zugestanden hätte. Argentinien wollte damit erreichen, dass sich die privaten Anleger bereit erklären, ein Umschuldungsangebot anzunehmen. Gut 92 Prozent der Anleger nahmen das Angebot auch an und tauschten ihre Anleihen trotz Verlusten in Schuldverschreibungen zu anderen Konditionen. Nur einige wenige blieben hartnäckig und bemühten die deutschen Gerichte - mit Erfolg.
Denn im Jahr 2015 wies der Bundesgerichtshof (BGH) eine Revision Argentiniens ab und verpflichtete das Land zur Zahlung seiner Schulden. Das Verfahren landete schließlich bei den Verfassungsrichtern in Karlsruhe, weil die Republik argumentierte, der BGH habe es unterlassen, die Frage trotz völkerrechtlicher Unklarheiten nicht dem BVerfG vorzulegen. Dadurch sei sein Recht auf richterliches Gehör verletzt worden.
BVerfG: BGH-Entscheidung ist korrekt
Dieser Auffassung folgten die Verfassungsrichter jedoch nicht. Zwar sei es möglich, in seinem Recht auf richterliches Gehör auch dann verletzt zu sein, wenn ein Gericht nicht das BVerfG einschaltet, obwohl es eine völkerrechtliche Zweifelsfrage zu klären gibt. Dies gelte aber unter anderem nur dann, wenn objektiv ernstzunehmende Zweifel daran bestehen, ob die völkerrechtliche Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist und die angegriffene Entscheidung auf der unterbliebenen Vorlage beruht.
Diese Voraussetzungen hätten indes nicht vorgelegen, wie das BVerfG nun seine Entscheidung begründete. Vielmehr habe der BGH zu Recht angenommen, dass dem Völkerrecht kein Grundsatz zu entnehmen ist, wonach es einem Staat erlaubt ist, aufgrund von wirtschaftlichen Notständen ausstehende Zahlungen an private Gläubiger einzustellen.
In seiner Begründung verweist das BVerfG auf seine Rechtsprechung aus 2007 in einem ganz ähnlichen Fall. Schon damals erging eine Entscheidung zu Lasten Argentiniens. Die südamerikanische Republik hatte noch zu argumentieren versucht, dass aufgrund der Weltwirtschaftskrise nun andere Maßstäbe angelegt werden müssten. Aber auch damit konnte sie die Richter nicht überzeugen. Denn der von Argentinien geltend gemachte Rechtsgrundsatz käme nur dann in Betracht, wenn es ein einheitliches "Konkursrecht auf völkerrechtlicher Ebene" gäbe. Ein solches gebe es nicht und habe es bisher auch nicht gegeben, so die Verfassungsrichter.
tik/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa