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Thursday, December 13, 2018

Hai des Jahres 2005

Aus: Ausgabe vom 06.09.2005, Seite 9 / Inland

»Hai des Jahres« geht an Finanzspekulanten

Anleger will Argentiniens Konsulat in Bonn pfänden lassen, um Umschuldungsabkommen zu torpedieren

Dem Finanzspekulanten Rolf Koch wird am heutigen Dienstag eine besondere Ehre zuteil. Erlassjahr.de, ein entwicklungspolitisches Bündnis aus Kirchengliederungen und verschiedenen NGOs, will ihm heute den »Hai des Jahres 2005« für seinen Versuch, sich am Staat Argentinien zu bereichern, vor der konsularischen Vertretung des Landes in Bonn überreichen. Der Preisträger verklagt Argentinien und droht mit »schikanösen Kleinpfändungen«, wie es in der vorab verbreiteten »Laudatio« von Erlassjahr.de heißt.

Herr Koch habe argentinische Staatsanleihen gekauft »und sich damit verspekuliert«. Argentinien mußte Ende 2001 den Schuldendienst einstellen. Daraufhin machte es seinen Gläubigern ein Umschuldungsangebot, welches einen erheblichen Abschlag auf die Schulden beinhaltete. Knapp 80 Prozent der Gläubiger betrachteten diese Bedingungen als angemessen und nahmen das Angebot an. Argentinien konnte im Gegenzug seine Schuldenlast reduzieren. Rolf Koch gehört zu den verbliebenen 20 Prozent der Spekulanten, die das Umschuldungsangebot nicht akzeptiert haben. Er will seine Forderungen in voller Höhe eintreiben. Sein Argument: Nach der teilweisen Umschuldung sei Argentinien wieder liquide.

Jonas Bunte, politischer Koordinator von Erlassjahr.de, dazu: »Ein Unding. Mit seinen Klagen verhindert Rolf Koch einen Neuanfang in Argentinien. Des weiteren will er von der Fairneß der restlichen Gläubiger profitieren. Erlassjahr.de begrüßt grundsätzlich Einigungen zwischen Schuldnern und Gläubigern, die einen Schuldenerlaß implizieren. Durch das Verhalten von Herrn Koch werden derartige Einigungen für die Zukunft untergraben.«

Seine Forderungen will Rolf Koch mit einer Strategie der Kleinpfändungen eintreiben. So will er Computer und Prospekte bei argentinischen Ständen auf Tourismusbörsen beschlagnahmen lassen. Auch das argentinische Konsulat in Bonn hat er mit einer Arresthypothek belegen lassen, um den Abtransport mobiler Werte zu verhindern.

Bunte weiter: »Wie im Insolvenzverfahren für Personen ist es natürlich gerechtfertigt, die volle Rückzahlung von Schuldtiteln zu fordern. Eingeschränkt wird dies jedoch durch Pfändungsfreigrenzen, die ein Existenzminimum der Person sicherstellen. Dieses gibt es für Staaten jedoch nicht. Argentinien will sich um die etwa 50Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze kümmern; jedes fünfte Kind ist unterernährt«. Zudem gelte generell: »Wer spekuliert, muß mit Verlust rechnen«.
(jW-Bericht)

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